Michael Wollny Trio

Oslo

Farbenreiche Klanggeschichten im Trio und mit dem frei improvisierende Norwegian Wind Ensemble als Gast: „eine improvisatorische Kraft, in der die Grenzen zwischen Jazz und Klassik verschwimmen und neue Horizonte hörbar werden.“ Neue Zürcher Zeitung

Michael Wollny Trio

Wartburg & Oslo

Es sind 1283 Kilometer mit dem Auto von Oslo bis zur Wartburg vor den Toren Eisenachs. Die Strecke lässt sich aber auch ganz anders überwinden, zum Beispiel auf dem Sofa vor der Stereoanlage. Und wechselnde Landschaften ziehen trotzdem vorbei, nur diesmal vor dem inneren Auge. Dass und vor allem wie dem Pianisten Michael Wollny solch ein wahres Bravourstück gelungen ist, bedarf des Eintauchens in eine höchst erzählenswerte Geschichte des Jazz. Und einiger persönlicher Worte ihres Schöpfers.

Vom 5. bis zum 7. September des vergangenen Jahres lud Produzent Siggi Loch Wollny, Bassist Christan Weber und Schlagzeuger Eric Schaefer ins Osloer Rainbow Studio ein, um ein neues Album des Trios aufzunehmen. Für den dritten Tag verabredete man sich mit dem von Geir Lysne geleiteten Norwegian Wind Ensemble, das sowohl ein Interesse an als auch die Fähigkeiten zur Improvisation jenseits des eigenen Genres hat: „Nach einigen künstlerisch sehr inspirierenden Live-Kooperationen wie zum Beispiel die Stummfilmmusik „Nosferatu“ war es schlicht ein Versuch, herauszufinden, ob und wie das mit uns im Studio funktioniert“ sagt Wollny. „Noch ein Würfel mehr am Spieltisch, den man in die Luft wirft.“

Was folgte, führte zu einem kleinen Dilemma. „Am Ende hatten wir ein im Grunde fertiges Album mit dem Trio und ein paar extrem unterschiedliche Takes mit den Norwegern, mal mit nur drei von ihnen, aber auch mit 28.“ Stellte sich also die Frage, wie das zu einem Album zu schnüren wäre. Stellt man 20 Minuten mit dem Ensemble als Versuchsergebnis auf einer zweiten CD dazu? Oder integriert man ein paar Stücke in das Album?

„Das ist es schließlich geworden“, so Wollny, „sie spielen mit bei der Ouvertüre, einem Zwischenspiel und schließlich einer skurrilen Coda als Bonustrack.“

Dafür musste das Trio sich absolut nicht von seinen Vorstellungen des neuen Albums verabschieden, eher im Gegenteil. „Schon anfangs gab es die Idee, das Trio-Album möglichst bunt ausfallen zu lassen“, erinnert sich Wollny, „gemäß auch dessen, was sich live in den letzten Jahren entwickelt hat. Und nun ist es noch farbiger geworden als gedacht, bereits am Anfang: es beginnt märchenhaft, wird dann funky, und dann balladesk. Drei Eingänge in die Musik. Und zusätzlich zu diesen Farben wird nun eben auch das Ensemble zum Teil des Kaleidoskops.“

Eine Woche später reiste das Trio nach Eisenach, um im Rittersaal der Wartburg ein Konzert anlässlich des 25. Jubiläums von ACT zu geben, zu welchem man den Saxophonisten Emile Parisien auf die Bühne geladen hatte. Er warf dort sein Können, ebenso wie das Norwegian Wind Ensemble, nur in homöopathischer Dosis auf die Waagschale. „Aber ’Wartburg’ war als Platte ja gar nicht geplant“, sagt Wollny, „deshalb haben wir auch nicht im Quartettformat gedacht, sondern Emile einfach als Gast für ein paar Stücke eingeladen.“ Und vor Ort mit schwierigen Bedingungen gekämpft: Bis 17 Uhr wurden Touristen durch die Burg geführt, erst danach konnte sich die Technik mit der recht speziellen Akustik des Saales befassen. Für eine Probe blieb keine Zeit, das Konzert begann schließlich um halb acht.

Womit der Vorhang geöffnet und der Blick frei gegeben werden kann aufs Innerste von Wollnys Schaffen: Die Improvisation. Für Manche eine rätselhafte Technik, für manche Kollegen nur Behauptung zugunsten des eigenen Renommees, für ihn fast ein Lebensmotto.

„Es stimmt“, lächelt Michael Wollny, „ich kann für mich schlecht lange vorausplanen. Es ist jedes Mal eine Herausforderung, dass man versucht, Situationen vorzubereiten, damit aus ihnen dann doch am Ende etwas Anderes wird. Ein bisschen schizophren eben.“ Für ihn sei der Moment, in dem es spannend wird, genau der, wenn die Improvisation beginne.

Michael Wollny / piano
Christian Weber / double bass
Eric Schaefer / drums, live electronics (13)
Norwegian Wind Ensemble (01, 08 & 13)
Geir Lysne / curator (real time music)

Recorded by Jan Erik Kongshaug at Rainbow Studio, Oslo, September 5 – 7, 2017
Mixed and mastered by Adrian von Ripka, December 2017
Produced by Siggi Loch

Cover Art by Manfred Bockelmann

Veröffentlichung: 23.03.2018