Wasted & Wanted

„Zwischen feingliedriger Transparenz und expressiven Crescendi können die souveränen Querdenker Wollny, Kruse und Schaefer tatsächlich Zeit und Raum aus den Angeln heben“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung)

„Was du auch tust, stell alles um dich herum in Frage und folge nicht einfach irgendeiner Autorität“: Eine Haltung, die große Jazzvisionäre wie Miles Davis und Albert Mangelsdorff genauso verinnerlicht haben, wie die Musiker des Punk. Tabula rasa machen, Neues entdecken, ein bisschen rebellisch sein und vom Drang nach dem Kreativen erfüllt: Auch Michael Wollny, Eva Kruse und Eric Schaefer sind so.

„Wir wollen den Punk im Jazz“, hat Wollny einmal gesagt. Grenzsteine umdrehen und wegnehmen, aber ohne damit zu werfen, ist die Philosophie des Trios und auch ein Wesensmerkmal von „Wasted & Wanted“. Europäische Jazztradition, Indie-Rock, abendländische und zeitgenössische Kunstmusik, Soundexperimente und eben Punk-Attitüde, all dies fließt zusammen und macht das Trio zu einem Original. Eines, dessen Potential man schon sehr früh erkannte und eines, welches die Jazzwelt im Sturm eroberte. Seit ihrem Debüt „Call it [em]“ 2005 reißen die Lobeshymnen über die Band nicht ab. Die Zeit sprach gar vom „aufregendsten Piano-Trio der Welt“. Mit dem 2010er Album „[em] live at jazzbaltica“, schaffte das Trio laut des englischen Chef-Kritikers Stuart Nicholson „eines der besten Jazzalben der letzten 25 Jahre“ und wurde dafür zum „besten Ensemble national“ mit dem Echo Jazz gekürt.

Auch auf „Wasted & Wanted“ ist kein vergrübelter akademischer Jazz zu hören, sondern eine höchst vitale Musik mit traumwandlerischer Interaktion. Das Trio spielt auf einem derart hohen Energielevel wie es im Jazz selten ist. Michael Wollny, der stilistisch autarke Querdenker am Klavier beweist abermals, warum er als „stärkste (Jazz)-Musikerpersönlichkeit, die Deutschland seit Mangelsdorff hervorgebracht hat“ (Hamburger Abendblatt) gilt. Eva Kruse bildet mit ihrem rhythmisch treibenden Bass das Kraftzentrum. Schlagzeuger Eric Schaefer entfacht mit seinem insistierenden, aber wandlungsfähigen und extrem farbenreichen Schlagzeugspiel Rock-Energie. „Wasted & Wanted“ schafft eine frische, unverbrauchte, stets überraschende und spannende Musik voller Einfallsreichtum, Power und Virtuosität.

Vier Stücke auf dem Album entstammen nicht der Feder von Wollny, Kruse oder Schaefer, erscheinen aber wie auf den Leib geschrieben: Der Trauermarsch aus der 5. Sinfonie des Musikneudenkers Gustav Mahler wird in der Interpretation des Trios zur düsteren, klaustrophobisch anmutenden Ballade. „Ihr (ganz persönliches) Bild“ zeichnet das Trio von dem 1828 vertonten Heinrich Heine Gedicht des Klassikers Franz Schubert. Luciano Berios „Wasserklavier“ interpretiert Wollny als verträumt suchendes Zwischenspiel. Und „Das Modell“ der Düsseldorfer Elektronik-Pioniere Kraftwerk beginnt geheimnisvoll, und steigert sich aufbrodelnd zu einer überschäumenden Klimax.

Wollny, Kruse und Schaefer nehmen uns mit auf ein musikalisches Abenteuer voller Tatendrang und von großer Intensität. Eines, dass die Farben wechselt wie ein Chamäleon, neue Klänge aufspürt und emotionale Welten durchlebt: energisch und exstatisch, geheimnisvoll und kontemplativ, schwermütig bis himmelsstürmend. Gespielt mit Herz und mit Köpfchen, wuchtig und auch ein bisschen wüst. Aber vor allem ist das Album eines: most wanted.

Michael Wollny / piano, spinett
Eva Kruse / bass, glockenspiel
Eric Schaefer / drums, kulintang, melodica

Recorded August 2011 at FWL Studios Leipzig and November 2011 at Hansa
Studios Berlin by Guy Sternberg.
Produced by Guy Sternberg
Executive Producer: Siggi Loch

Cover art: Love is the Drug (Detail), 2011 by Daniel Richter / ACT Art Collection

Veröffentlichung: 24.02.2012